Mehr als nur Draufhauen! Therapeutisches Box-Training bei SOUL LALA in München

Mehr als nur Draufhauen! Therapeutisches Box-Training bei SOUL LALA in München

Einmal so sein wie Boxer „Rocky“ im gleichnamigen Film – die Handschuhe anziehen, hart trainieren und dann vom unterschätzten Underdog zum strahlenden Sieger? Natürlich ist der Weg in die Realität weiter als im Hollywood-Klischee. Aber die acht jungen Erwachsene aus der Wohngemeinschaft in der Landsberger Straße in München haben ein Stück davon beim therapeutischen Box-Training für sich wahr gemacht – mit viel Schweiß und Ehrgeiz und unterstützt von den professionellen Coaches Werner und Andre vom Box-Kitchen. Was sich die Bewohner vom Training erwartet hatten? „Dass ich mich danach erleichtert fühle und die ganze Wut rauslassen kann, die ich die ganzen Wochen mit mir herumtrage“, sagt Fardous. Jacky, die die Idee vom Boxen in die WG eingebracht hatte, hat in Filmen gesehen, dass Leute beim Boxen aus sich herauskommen – und das will sie auch für sich umsetzen.

Das Training beginnt für die WG mit Aufwärmen und Dehnen, bevor die Trainer ihnen erste Grundschritte und Bewegungsabläufe zeigen: unter den Angriffen des Gegenübers wegtauchen, zielen und kontern, präzise Schlagfolgen mit rechts, links und wieder rechts ausführen und dabei auch mit den Füßen immer in Bewegung bleiben. Das Boxen ist eine Möglichkeit der therapeutischen Unterstützung bei seelischen Beeinträchtigungen. Durch das Training finden viele Betroffene Zugang zu Gefühlen wie Angst, Wut und Trauer, die oft tief in der Psyche versteckt liegen. Mit den Schlägen, ob rechte Gerade oder linker Haken, löst man sich von der Rolle des Zuschauers seines Seelenlebens und kann – im wahrsten Sinne des Wortes – aktiv gegen seine Probleme ankämpfen. „Boxen ist aber mehr als nur Draufhauen“, erklärt Julian „Ich will meine Aggressionen loswerden, aber man braucht auch viel Disziplin, Konzentration und Ausdauer.“ Deshalb bietet das Training langfristig neben dem Aggressions- und Stressabbau viele weitere positive Wirkungen: Stärkung des Selbstvertrauens sowie des Durchsetzungs- und Durchhaltevermögens, Verbesserung der körperlichen und geistigen Fitness, mehr Freude an der Bewegung.

Dass die Beinarbeit mindestens genauso wichtig ist, merkt Julian bei der Fortsetzung des Trainings in der Sportzone des Box-Kitchens in München, als seine Aufgabe darin besteht, Trainer Andres Fußtritten auszuweichen. Hier sieht das Boxen schon fast wie ein Hip-Hop-Tanz aus. Später geht es dann ans Eingemachte und die jungen Bewohnerinnen und Bewohner können bei kleinen Box-Fights gegen die Trainer und untereinander zeigen, was sie gelernt haben. Domeniks Deckung und Schläge sind dabei schon richtig gut und auch die Abwehrreaktion auf die Angriffe von Andre können sich sehen lassen, wenn er blitzschnell beide Fäuste vor dem Gesicht hochreißt, um den hohen Schlag des Gegners abzublocken.

Am Ende der Trainingssitzungen ziehen alle Beteiligten Bilanz. Trainer Werner ist zufrieden mit seinen Schülern und macht Ihnen Mut, dranzubleiben. „Ihr merkt, technisch müsst ihr ein bisschen was können, um diese Übungen auch erfolgreich umsetzen zu können. Erfolgreiche heißt: Ich kann das schaffen, was ich mir vornehme.“ Sandra Kemmling, Leiterin der Wohngemeinschaft, ist ebenfalls der Meinung, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner sehr viel Mühe gegeben haben. „Auch wenn einer mal am Boden lag, hat er sich wieder aufgerafft und weiter gemacht. Bleibt dran und nutzt das Angebot von Werner und Andre, einmal die Woche zu trainieren – wir unterstützen euch dabei!“ Und was sagt die WG? „Mir hat das Projekt geholfen, meine Stärken besser zu erkennen“, findet Julian. Jacky ergänzt: „Anfangs wollte ich mehr aus mir rauskommen, meine Wut – die manchmal Trauer ist – rauslassen. Über das Boxen können wir aber auch mehr über uns lernen und zu uns finden.“ Nach ein paar Wochen des Trainings ist ihr aber auch bewusst, dass ihre sportliche Reise noch nicht beendet ist: „Wir sind gerade ziemlich mitten drin, finde ich. Es hat schon seine Wirkung gezeigt, aber es geht noch weiter!“ Sie sind damit in guter Gesellschaft: auch Rocky Balboa hat einmal klein angefangen.