12 Feb „Eine sinnvolle Aufgabe!“ Einsatz für Mitmenschen und Umweltthemen in München
Ein Bericht aus dem Projektjahr 2019 der Therapeutischen Wohngemeinschaft für junge Erwachsene in München
von Tobias Riepel
Nach dem erfolgreichen Boxprojekt im Jahr 2018, welches positive Auswirkungen auf die Bewohner der Therapeutischen Wohngemeinschaft für junge Erwachsene (TWGjE) hatte wie auch eine große öffentliche Wirkung, entschieden sich die Bewohner*innen ihre Aktivitäten im Rahmen Soul Lala Projekts des Jahres 2019 auf ehrenamtliche Tätigkeit zu fokussieren. Hintergrund hierfür war der Umstand, dass ein Großteil der Bewohner*innen aufgrund ihrer psychischen Problematiken noch nicht im Stande waren z.B. die Angebote der Agentur für Arbeit, die überwiegend eine Arbeitsfähigkeit von 40 Wochenstunden voraussetzen, für ihre berufliche und damit auch soziale Integration in Anspruch zu nehmen. Hinzu kamen große Zweifel an den eigenen beruflichen Fähigkeiten in Folge von fehlenden Erfahrungen im Arbeitsleben. Die Lösung stellte eine Ehrenamtspauschale dar, die durch die Unterstützung der verschiedenen Jugendämter in voller Höhe ausgezahlt wurde. Dies stelle für die jungen Projektbeteiligten auch einen Anreiz dar, mitzumachen. Das Erleben von Selbstwirksamkeit, Produktivität und einer als sinnvoll erachteten Tätigkeit war allerdings die Hauptantriebsfedern an der Teilnahme waren.
Verantwortung übernehmen für Mitmenschen
Ausgehend von unserem lebenswelt- und sozialraumorientierten Ansatz fiel in Absprache mit unseren Bewohner*innen die Entscheidung das Arbeitsprojekt in der benachbarten TWG für ältere Menschen zu beginnen. In der TWG für Ältere leben acht Menschen mit psychischen und körperlichen Erkrankungen, die aufgrund ihres Bedarfs nicht mehr alleine leben und in einem gewöhnlichen Altersheim nicht angemessen betreut werden können. Das Projekt begann mit der Befragung der Bewohner*innen der TWG für Ältere zur Klärung ihres Bedarfs und ihrer Wünsche, um eine gemeinsame Idee davon entwickeln zu können wie sich die jungen Erwachsenen ehrenamtlich engagieren können. Die Befragung hatte zum Ergebnis, dass sich beide Seiten verständigten auf gemeinsame Freizeitgestaltung, Unterstützung beim Einkaufen und das gemeinsame gestalten und feiern von Festen, die als Höhepunkte erlebt wurden.
Julia, eine Bewohnerin der TWG für junge Erwachsene, die sich mit großem Engagement am Projekt beteiligte, weiß folgendes über das Projekt zu berichten:
„Zu Beginn des Projekts wurden regelmäßige Treffen vereinbart und von den Bewohner*innen der TWG für ältere wahrgenommen. So fanden gemeinsame Spieleabende statt, die älteren Menschen wurden beim Einkaufen unterstützt oder es wurde gemeinsam gekocht. Besonders Richard aus der TWG für Ältere nahm die angebotenen Spieleabende gerne wahr und hatte immer große Freude an den Treffen. Bevorzugt wurde Monopoly gespielt, was manchmal auch mehrere Stunden in Anspruch nahm. Maria, ebenfalls aus der TWG für Ältere spielte hin und wieder gerne Mensch ärgere dich nicht oder Mikado. Einige Bewohner*innen beteiligten sich ausschließlich bei den großen, gemeinsamen Feierlichkeiten. Der gemeinsame Osterbrunch und das Sommerfest wurden mit großer Freude von allen Beteiligten wahrgenommen. Die erste große Feierlichkeit fand an Ostern 2019 statt, bei der gemeinsam Ostereier gefärbt, ein Osterfladen gebacken und der gemeinsame Essenstisch dekoriert wurde. Für das Buffet wurde gemeinsam eingekauft und verschiedene Salate sowie warme Gerichte zubereitet. In einer gemütlichen Runde wurden die selbstgemachten Leckereien an einer schön dekorierten Tafel gegessen und nette Gespräch zwischen den verschiedenen Generationen geführt. Ein weiteres Highlight war das gemeinsame Sommerfest im Juli des vergangen Jahres. Bei schönstem Sommerwetter wurde auf dem großzügig angelegten Balkon der TWGfÄ gemeinsam gegrillt. Selbst die leere Gasflasche des Grills, die noch schnell neu besorgt wurde, konnte die schöne Feier nicht trüben. Mit gutem Essen und guter Musik wurden das Zusammensein und der schöne Sommer angemessen gefeiert, auch wenn der nicht meine Lieblingsjahreszeit ist.“
Im Umgang mit den schwerkranken Bewohner*innen der TWG für Ältere mussten die Bewohner*innen der TWG für junge Erwachsene Durchhaltevermögen, Frustrationstoleranz, Abgrenzung, zeitliche Flexibilität und Flexibilität lernen. Mit großem Bedauern konstatiert Julia, „dass die Kooperation der beiden WGs aufgrund von Sachzwängen, wie externe Tagesstrukturen, nicht intensiviert werden konnte.“ In der Rückschau kommt sie zu dem Schluss, dass das Projekt von März bis August 2019 „von allen Beteiligten als gewinnbringend wahrgenommen wurde.“ Die gemeinsamen Feierlichkeiten, die sich am Jahreskreis orientieren, werden auch Jahr 2020 ihren Platz finden.
Einsatz für Umweltfragen
Vor dem Hintergrund des Auszugs der Hälfte der Bewohner*innen, die sich am Projekt mit der TWGfÄ beteiligt haben, und inspiriert durch die neue Ökologie bewegte Jugendbewegung, die ihren Ausdruck in den Demonstrationen unter dem Motto „Friday for Future“ fand entschlossen sich die Bewohner*innen der TWG ihr Engagement dem achtsameren Umgang mit Lebensmitteln zu widmen und diesen mit dem Engagement für benachteiligte Menschen zu kombinieren. Daher fiel die Entscheidung im Rahmen von SOUL LALA eine Kooperation mit dem Projekt „Manna“ im Münchener Stadtteil Laim einzugehen.
„Manna“ eine Abkürzung für Mitgestaltung, Anerkennung, Neue Zugehörigkeit, Nahrung und Aufbruch ist ein ehrenamtliches Integrationsprojekt unter der Trägerschaft der Caritas. In Abgrenzung von der Tafelbewegung, von denen sie Lebensmittel beziehen, sind an der Verteilung von Lebensmitteln an Bedürftige fast ausschließlich die Bedürftigen selbst beteiligt und wird nicht von ehrenamtlichen Helfern übernommen. Ziel ist es „bedürftige“ Mitmenschen zu integrieren damit diese zu keinen passiven Empfängern von Spenden werden, sondern sich an der gemeinsamen Arbeit bzw. Lebensmittelverteilung aktiv beteiligen, zur Stärkung des Gefühls der Zusammenarbeit und des Selbstbewusstseins, sowie zur Strukturierung des Alltags.
Manuela und Loris beschreiben ihren Einsatz beim Manna Projekt folgendermaßen: „Im Rahmen von SOUL LALA haben wir uns als Gruppe dazu entschieden, uns in dem Manna-Projekt einzubringen. Dabei ging es grundsätzlich um die Verteilung von Nahrungsmitteln und Kleidung an hilfsbedürftige Menschen, deren finanzielle Mittel nicht ausreichen, um ihren Lebensalltag zu bestreiten.
Unsere Aufgabe bestand darin, die Helfer an den Verteilungsständen zu unterstützen, als auch beim Auf- und Abbau mitzuwirken. Dabei wurden uns am Anfang Paten*innen zugeteilt, welche uns einführten und Anleitungen gaben. Später konnten wir diese Aufgaben meist auch selber bewältigen.
Das offene, hilfsbereite und fröhliche Miteinander der Helfer vor Ort, die auch für unsere Fragen und Anliegen zur Stelle standen, haben dazu beigetragen, dass uns die Arbeit gut gefallen und Spaß gemacht hat. Auch war es ein Vergnügen, mit den Hilfsbedürftigen Menschen in direkten Kontakt zu treten und mit ihnen Gespräche führen zu können. Wir als Bewohner der TWGjE sind uns einig, dass sich die Arbeit positiv auf unsere Stimmung ausgewirkt hat. Wir haben uns dort willkommen und gebraucht gefühlt, wodurch unser soziales Engagement unseren Tag Struktur und Sinnhaftigkeit verliehen hat.
Auch wurden wir während unserer Arbeit mit schwierigen und teilweise stressigen Situationen konfrontiert. Bei unserer Tätigkeit mussten wir darauf achten, dass die Lebensmittel gerecht verteilt werden, diese Aufgaben beinhalteten auch Wünsche zurückzuweisen beziehungsweise. Grenzen zu setzen, was uns anfänglich nicht leichtfiel. Dennoch sind wir mit der Zeit an diesen Aufgaben gewachsen und haben dadurch an Sicherheit und Kompetenz gewonnen. Die gewonnene Sicherheit und Kompetenz hat dazu geführt, dass wir jeden Dienstag mit guter Stimmung und einem positiven Rückblick auf einem produktiven Tag abschließen konnten.“
Timo, der insgesamt viermal bei der Lebensmittelverteilung mithalf, kommt zu dem Fazit:„das Helfen und Mithelfen hat mich immer wieder motiviert mehr Engagement zu zeigen. Ich würde gerne wieder an solch einem Projekt teilnehmen und empfehle es auch anderen weiter.“
Auch die Betreuer*innen der TWG für junge Erwachsene konnten den positiven Effekt auf die Stimmung der Bewohner*innen beobachten und kommen zu dem Schluss, dass sich die ehrenamtliche und als sinnvoll erachtete Tätigkeit auf die Bewohner*innen mit einer depressiven Grundsymptomatik positiver auf ihre Stimmung auswirkte, als jedes Bedarfsmedikament und nachhaltiger als jedes Entlastungsgespräch.
Tobias Riepel ist Einrichtungsleiter der Therapeutischen Wohngemeinschaft für junge Erwachsene in der Landsberger Straße, München